20.01.2009 Big Brother, Barack "the magier" Obama und der alltägliche TV Wahnisnn
Es gibt Menschen, die treiben Sport, um die Grenzen ihrer Belastbarkeit zu testen. Andere nehmen an Chili Fress Wettbewerben teil und kippen reihenweise von der Bierbank. Wieder Andere machen Bungeejumping werden Stundman, Tiefseetaucher oder schaffen sich Kinder an. Dann gibt es welche, die ihre Grenzen testen, indem sie sich bei TV Formaten wie Frauentausch oder Big Brother zur Verfügung stellen und solche, die testen, wie weit sie gehen können, um an der Unerträglichkeit anzukommen, indem sie sich letzteres ansehen.
Ich habe heute Grenzen getestet!
RTL2. Big Brother! Oder anders gesagt: ein Käfig voller Narren. Sozusagen die geschlossene Anstalt im privaten Fernsehen.
Da hocken zwölf vermeintliche Menschen in einem abgeschlossenen Bereich, umgeben von Kameras und labern Dünnschiss dass die Wände wackeln.
Schon nach wenigen Minuten ist die Stirn blau vom Dagegengekloppe, der Mund trocknet allmählich aus und ich muss mich zwingen, nicht umzuschalten.
Die Frage, warum das offensichtlich so viele Leute interessiert, dass das bereits die neunte Staffel ist und das Format in fast siebzig Ländern ausgestrahlt wird, stelle ich mir lieber erst gar nicht.
Da macht ein Typ mit einer Frau rum und wundert sich, dass seine Freundin per Brief Schluss macht. “Ich hab doch gar nichts gemacht” schluchzt er und legt sich in die Arme seiner augenscheinlichen Angebeteten im Haus. Ja ja, Liebe soll ja blind machen. In manchen Fällen auch dement.
Dann stehen da Leute an einem Zaun, der die Bereiche Himmel und Hölle trennt und reden darüber, wer sich wann wie und wo masturbiert hat und ein Volk klebt an der Mattscheibe, wird langsam spitz und wünscht sich, auch ins Haus zu kommen. (oder schlimmer noch, aber darauf gehe ich jetzt mal nicht ein)
Gerade, als ich kurz vorm Verzweifeln bin, wird’s dann doch noch mal etwas interessant:
Dass ein Bewohner (obschon das Wort Insasse es wohl besser trifft… oder… Patient? Aber nein, da ist ja kein Doktor) aus dem Höllenbereich heute gehen muss, war wohl schon klar und die drei Delinquenten warten angespannt auf den Moment der Wahrheit. Als Daniel von den Zuschauern “gesaft” wird, macht sich zumindest bei einem Erleichterung breit.
Nun muss aber unerwartet jeder Insasse des Himmel- Bereiches ins “Sprechimmer” und einen benennen, der heute auch noch gehen soll. Das kommt plötzlich und trifft jeden hart.
Die ersten Tränen fließen. Bei mir kommt endlich ein Hauch von genugtuender Freude auf.
Jeder nennt also einen Namen und muss anschließend in einen separaten Raum, der sich nach und nach füllt. Schnell steht fest: Blödmann hellblond, gegen Blödmann dunkelblond, das Publikum entscheidet mittels Telefonvoting und schwubbs ist Dunkelblondi von der sprichwörtlichen Bildfläche verschwunden.
Die Erleichterung der nicht Nominierten schlägt nun in hysterisches Geheule um, als würde der arme Oliver, der nun sofort gehen muss, vor aller Augen geteert, gefedert, ersäuft, erstochen und gevierteilt.
Nun ist auch das Voting für den Höllenkandidaten abgeschlossen.
Cathy muss das Haus verlassen und jetzt bricht tatsächlich die Hölle los, ist doch die arme schwer verliebt in Ben, der natürlich bleiben wird. Es krächzt und schluchzt aus allen Ecken. Man hat den Eindruck, es bräuchte einen Notarzt und spätestens jetzt ein ganzes psychologisches Expertenteam.
Der gruppendynamische Nervenzusammenbruch erreicht beim Abschied seinen Höhepunkt. Ein Volk trauert, leidet und weint mit. Nur ich sitze auf meinem Stuhl und feixe mich scheckig. (Zwischendurch keimt ein wenig die Angst, dass ich nun vergiftet durch meine Schadenfreude öfter gucken werde, aber die ist schnell vom Realismus verdrängt… nein… niemals!)
Werbung. Handytöne, Hintergrundbilder, Haargel, Shampoo und so weiter und schon sitzt die arme, schluchzende Cathy auf der Moderatorencouch, flüstert, dass sie keine Menschen sehen will, nicht einmal ihre Mutter.
Ui, denke ich und mir kommt für einen Moment der Ernst der Lage in den Kopf. Sie will keinen sehen, der nicht mit drin war. Sie wird sich wohl jetzt zu Hause einschließen, ihren Reinigungsjob an den Nagel hängen, nichts mehr essen und jämmerlich zugrunde gehen. Ich frage mich, wie viele Ex- Kandidaten noch heute in psychotherapeutischer Behandlung sind…
Naja, ich habe diese Folge vom Anfang bis zum Ende gesehen, war einige Male kurz vorm Verzweifeln, den Grenzen der Belastbarkeit also nahe, bin dann aber doch noch auf meine Kosten gekommen.
Dann werde ich mir wohl demnächst mal Frauentausch ansehen müssen.
Ach ja, fast hätte ichs vergessen: Barack “The Magier” OHH-Bama tritt morgen sein Amt an. Mit Prunk und Plunder feiert man seine Ankunft als ersten schwarzen Präsidenten. Irgend so ein Mega Futzie hat sogar einen ganzen Luxuskasten (sprich: Hotel) für Bedürftige und sozial Benachteiligte gemietet. Zudem darf sich jeder der dreihundert Glücklichen einkleiden und die Sachen danach behalten. Is klar, wer will schon die Klamotten, die stinkende Penner anhatten noch einmal anziehen. Natürlich macht Mister Earl Stafford seine Million nicht medienunwirksam locker. Wenn man so was macht, lädt man sich natürlich reichlich Presse ein.
Vierzigtausend Sicherheitsleute bewachen den modernen Merlin morgen bei seiner Amtseinführung, der sicher spätestens im Sommer das Ozonloch zugefurzt, den Hunger auf der Welt weggelächelt und die einhundertdreißig Kriege und kriegsähnlichen Zustände weltweit diplomatisch (auf-) gelöst hat. Die Finanzkrise zaubert er bis zu Herbst weg, aber erst, wenn Deutschland gewählt hat, anstelle der Tierversuche nehmen wir dann Ausserirdische und im Jahr 2010 klärt er die Überbevölkerung, sodass wir alsbald im Paradiese leben.
YES! We can!
09.01.2009 Winter
Es ist Freitag. Ein sonniger Nachmittag im Januar. In einem Kälterekord verdächtigen Januar. Minus 26 Grad Celsius, wollte mir das Thermometer heute Nacht weismachen. Ich glaubte ihm nicht. Aber als ich heute Morgen die Nachrichten sah, und dort berichtet wurde, dass das die Durchschnittstemperatur unserer Region, und es wo anders in Deutschland sogar dreiunddreißig Grad unter Null war, musste ich merken, dass das Thermometer nicht gelogen hatte.
Ich ging dann anschließend meinem morgendlichen Ritual nach und wurde jäh an die kalte Wirklichkeit erinnert. Denn an erster Stelle dieses regelmäßigen Brauches steht der Gang zum Klo. Ich erspare euch jetzt die Einzelheiten und sage nur: eine eingefrorene Wasserleitung kann einen an den Rand eines Kotzkrampfes bringen.
Ich hatte mal wieder einen Zaungast, dem ich „Obdach“ gewährte, der früher weg war, als ich aufstand und auch der pflegt morgens auf die Toilette zu gehen. Auf die Idee, einen Topf zu nehmen und selben, gefüllt mit Wasser zur improvisierten Spülung umzufunktionieren kam er wohl nicht. So also blieb die ScheißArbeit an mir hängen… ganz lecker, früh, mit verklebten Augen, an nichts Böses denkend, abgesehen von den Flüchen auf die nur halb funktionierende Heizung, aufs Klo schlürfen, Deckel hoch und da schreit mit üblen Gerüchen etwas „guten Morgen“. Ganz höhnisch, ganz gemein und so penetrant riechend, dass ich zu tun hatte, den Gruß aus der Nase zu bekommen.
Na ja, wenigstens wurde die Befürchtung nicht bestätigt, dass ich wohl nun auch aufs Waschen verzichten müsste, denn eingefroren ist zum Glück nur die Zuleitung zur Klospülung.
Du nun sitze ich hier, an meinem Schreibtisch, wie ich seit Tagen sitze. Mich frißt die Langeweile auf und ich frage mich, warum das in letzter Zeit so schlimm ist und was ich die Tage zuvor um diese Zeit gemacht habe. Mir fällt es beim besten Willen nicht ein. So schlimm ist es, dass ich den ganzen Vormittag fern gesehen habe, auf meiner Couch fläzend und darüber einschlief. Scheiße, dachte ich, als ich aufwachte. Nun ist das Klischee vom Hartz IV Empfänger in seiner Gänze erfüllt. Auf der Mattscheibe flimmerte ein gruseliges Gesicht nach dem anderen und alle redeten irgendwelchen Kauderwelsch von wegen Abnehmen. „Oh nein“ schrei es in mir „das ist doch sowas, was die alle gucken… nennt sich wohl Talk Show, und ich bin live dabei“ Und just in diesem Augenblick klopft mein Nachbar. Ich bitte ihn rein er sieht das Programm und kriegt ein breites Grinsen. „Du also auch…“ Ausflüchte wären jetzt angebracht, aber was sollte ich ihm sagen, ohne dass es nach Ausrede klingt?
Immer und immer wieder setze ich mich an den Rechner, denke nach, lese Nachrichten, überlege Themen, lege die Finger auf die Tastatur, doch bleiben die regungslos liegen. Nichts geht mehr. Trägheit und Faulheit und Faulheit und Trägheit.
Langeweile und Antriebslosigkeit, als hätte die Kälte da draußen alles eingefroren.
Es muss doch etwas kommen. Ich schreibe einen Satz, lösche ihn wieder, schreibe einen zweiten, doch auch der lockt nicht den nächsten und klingt zudem so schlecht, dass ich mich vor mir selbst schäme. Also wieder löschen.
Ich versuche, mich künstlich in Schreiblaune zu versetzen, hole mir Rucksackweise Alkohol, doch nicht einmal der macht seinen Job. Ich werde weder ordentlich betrunken, noch in irgendeiner Form kreativ.
Und so geht das nun seit Tagen.
Die viel zu krassen Meldungen vom Krieg im Gaza, vom sinnlosen Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine, der nichts weiter ist, als ein Muskelspiel zweier Halbwüchsiger, das Millionenpacket für die Commerzbank balgen sich wie kleine Kinder in meinem Kopf und nichts wird wirklich so klar, dass ich es aufschreiben könnte.
Also lesen. Doch nicht einmal hier ist Konzentration. Wie die Kälte da draußen in alle Winkel kriecht und inzwischen drei Todesopfer in Deutschland einforderte, kriecht die Langeweile ins Ich und lähmt mit ihrer Trägheit jegliche geistige und körperliche Regung.
Da schleicht sich doch nicht etwa so eine freche Winterdepression ein?! Na der wird ichs aber zeigen!
29.12.2008 Sylvester heißt Waldmensch
Krachts schon im Gebälk der Jahreswechselt-trunken-taumelnden-feiergelaunten Gemeinde oder wartet man noch, mit vollgeschlagenem Bauch, sich ausnüchternd auf das Millionenschwere Leichenschmausfest zum Todestag von Papst Sylvester I. (31.12. 335).
Noch nicht recht erholt vom weihnachtlichen Kaufrausch, begibt man sich nun vielerorts erneut in übervolle Verkaufstempel, rempelt und stößt, damit der Vorgänger ja nicht die letzten pyrotechnischen Spielzeuge für erwachsene Männer und Frauen wegkauft.
Es soll ja knallen und viele bunte Schweife will man Himmel sehen, die man selbst dahin schießt. “Heute scheißen wir aufs Ozonloch, schließlich haben wir den FCKW Kühlschrank schon vor Jahren in den Wald geschmissen und achten auch immer beim Kauf des Deos und des Raumerfrischers darauf, dass die frei von Treibhausgasen sind.”
Ja, die zivilisierten Massen geben ein Vermögen aus, um all die bösen Geister zu verjagen, die sie selbst Tag um Tag herbeirufen, dass doch endlich der Meier aus dem dritten Stock seinen Protzer- Benz gegen einen Baum fährt um endlich mal wieder herzhaft (aus) lachen zu können, dass der Kollege mit Nierenversagen ins Krankenhaus kommt, damit die Beförderung nicht auf ihn fällt, oder einfach, dass Omma Grete endlich ins Gras beißt, weil man schon seit einer halben Ewigkeit darauf wartet, ihre Kohle zu erben.
Doch es nützt das lauteste und exzessivste Geballer und Gekrache nichts, all das Schlimme aus dem Neuen Jahr zu scheuchen. Stattdessen sollte man, anstelle der Lunte eines D- Böllers, mal das Feuerzeug an die eigene Nase halten, dran fassen scheint ja nix mehr zu nützen.
Einhundert Millionen Euro gab der deutsche für seinen Exorzismus im letzten Jahr aus. Einhundert Millionen Euro! Allein in Deutschland! In die Luft geblasen! Aber uns geht es sehr schlecht und wir gehen auf noch schlechtere Zeiten zu! Was wäre diese Summe am Horn von Afrika? Was wäre diese Summe in den Slums in Brasilien, Chile oder Sierra Leone? Was wäre diese Summe in Rumänien, Bulgarien, Malawi oder Pakistan?
Aber wir ballern nörgelnd und uns selbst bemitleidend unsere Kohle ins Ozonloch und beschweren uns, dass es noch immer Staaten gibt, die das Kyoto Protokoll nicht unterschreiben wollen.
Ich freue mich schon auf die letzte Nacht im Jahre 2008. Wie ein Mob halbbesoffner Familienväter die Bagage auf die Strasse zerrt, die Kinder mit Wunderkerzen abgespeist werden und Vati eine Rakete nach der anderen in die Luft jagt. Schön, wie einfach Menschen zu begeistern sind. Das letzte Mal, als Papa dieses Funkeln in den Augen hatte, hat Mama ihm gesagt, dass sie doch nicht schwanger ist.
Wie man dann alle lieb hat und umarmt, und ein “gesundes neues Jahr” wünscht und dabei kotzen könnte, weil… “das war doch grad der Meier, mit seinem Protzer Benz! Verdammt!”.
Da stehen sie und tun das, wofür sie andere den Rest des Jahres schwer verurteilen: Saufen in der Öffentlichkeit. Und das auch noch aus der Billigsektflasche ausm Penny umme Ecke.
Alle Jahre wieder, kehren sie ihr Inneres nach außen…
22.12.2008 Lichterfest in Pößneck
Montag, der 22. Dezember, irgendwann mitten in der Nacht. Ich sitze wie so oft gelangweilt vor meinem Monitor, verfluche "die Welt da draußen" und mach mir so meine Gedanken. Der Alkohol reicht kaum, mich nicht mehr aufrecht im Sitz zu halten und also belaste ich die Tatstatur mit dem Sud meines Kopfes, um euch zu belasten.
Zwei Tage noch, dann ist das große, das einzige, das wahre wahre Fest der Menschlichkeit endlich gekommen und wir warten doch alle wie verrückt auf den Weihnachtsmann, oder?
Gut, es gibt hier welche, zu denen er nicht mehr kommt, weil die Berufung im Sein zur Beleidigung eines Jeden auch vor dem rot bemantelten Fettsack nicht Halt macht, der das Ganze Jahr nichts weiter zu tun hat, als sich auf die Tage im Dezember vorzubereiten, seine Wichtel befehligt und Rentnerrentier Rudolph mit seiner Rute das Fürchten lehrt.
Und wenn dann endlich, nach x Tagen des Ausschlafens die Zeit gekommen ist, seine Pädophilie wieder unter Vorwand ausleben zu können, und auch das Christkind die vom Ödipuskomplex gezwungenen Finger vom Nikolaus lassen muss, der sich derweil mit Knecht Rupprecht vergnügt, weil so ein gepflegter Fick unter echten (Weihnachts-) Männern ja nicht verkehrt sein soll, schälen sich die Lakaien des Konsums aus den von Frau Holle extra geschüttelten Betten, um von „draußen vom Walde“ daher zu kommen…
Und weil sich mir gerade das Bild der so bemannten Kutsche der weihnachtlichen Psychopaten aufdrängt, die sich irgendwann zwischen siebzehn und neunzehn Uhr auch ihren Weg durch Pößneck bahnt, um zum traditionellen Lichterfest Präsenz zu zeigen, frage ich mich, wie sie das wohl machen, die beiden illuminierten Gestalten des großen und einzig wahren Festes?
Reisen die, mittels einer geheimen Formel durch die Zeit und halten so ihre regelmäßige Pünktlichkeit? Oder hat man einst den EINEN Weihnachtsmann nebst Vasallen geklont, damit auch wirklich jede Nation, jedes Kind in jedem Land sein Fett weg kriegt? Wenn dem so ist, war wohl bei einigen Klons die Batterie alle, denn während die Kinder der reichen Nationen nörgeln, weil es doch nur die PlayStation 3 und nicht auch noch der 22“ TFT für den Rechner den sie zum Geburtstag gekriegt haben ist, freuen sich die Kids in Namibia, dass der Weihnachtsmann Gott hat überreden können, dass die mit HIV infizierte Mutti doch noch einen Monat länger leben kann.
Andere bekommen gebrauchte Klamotten und in derselben Minute rastet Jaqueline in einer Villa aus, weil Vati nur die Billigversion der neuesten Barbie gekauft hat.
Meine Gedanken schweifen ab, weil ich es einfach nicht ertrage und ich denke wieder an das Lichterfest in Pößneck. Dazu fällt mir abschließend nur folgendes ein und ich bitte jeden „Assi“, dem es möglich ist, am 24.12. ab 17.00 Uhr am ehemaligen Nahkauf zu stehen:
Weihnachten. Lichterfest in einer Sargstadt.
Alle haben sich lieb!!! Ja, das ist genau dieser Schmalz den ich brauche, um mich mal wieder so richtig aufzuregen. Dieses verdreckte Heuchlerpack. „Frohe Weinachten“ grinst man sich in die Fresse um sich wegzudrehen und seiner Alten zuzuflüstern „Weißt du wer das war? Das war der Wichser, der mir letztes Jahr die Beförderung versaut hat!“ Oder: „Kennst du den noch? Der hat mal gesessen, wegen schwerem Raub!“
Weihnachten. Lichterfest in einer Sargstadt.
Ich steh, wie immer, mit dem Gesindel etwas unterhalb des Marktplatzes und wir betrachten uns die dreitausend liebenden Menschen. Wir trinken Bier aus Flaschen. Deswegen heißt man uns Assis, weil wir uns nicht gepflegt und traditionell mit Glühwein aus Plastebechern besaufen, sondern eben am Rande des Geschehens genau das machen, was tausende gleich zu Hause tun werden. Ich weiß nicht, wo der Unterschied zwischen einer Bierflasche und einem Becher Glühwein ist, aber die liebende Masse braucht eben auch ihre Sündenböcke. Man braucht einen Bösen, um zu wissen, dass man selbst der Gute ist.
Weihnachten. Lichterfest in einer Sargstadt.
Und alle lieben sich…
18.12.2008 Kunst und Kultur
Seit Tagen endlich einmal wieder ordentlich betrunken. Ich fange an, über das Wesentliche nachzudenken. Alle ziehen weg. Der Großteil meiner Bekannten nach Leipzig. Die Stadt, in die auch ich will, seit einem halben Jahrzehnt, und doch immer und immer wieder kapituliere.
Und ich frage mich, ob es nur Einbildung ist. Ob die Stadt wirklich so grandios ist, wie ich sie feiere, oder doch nur nichts Anderes, als der selbe Schmutz wie hier, nur eben größer, breitgezogener, verteilter und zugegeben, mit einem Quäntchen mehr Kultur.
Und just höre ich die Nörgler mit erhobenem Zeigefinger auf das Viel an Kultur in Leipzig anspielen, und den Vergleich zum Nichts hier anstellen, aber was genau ist das: Kultur?
Mir geht es nämlich nicht um gut Betuchte, Beschalte und blöd drein labernde Hackfressen, die sich in den Olymp der Großen Schleimen und den Schwanz des Mainstream reiten, wie verkappte Zehnernutten, die bordsteinschwälbig eigentlich nur gefickt werden wollen und nichts weiter. “Leg die Kohle da drüben hin, oder wisch dir damit den Arsch ab, Hauptsache, du besorgst es mir endlich!“
Mir geht es nicht um die EINE Anerkennung DER Großen, oder um einen Bestseller Platz oder um die Finka in Spanien. Mir geht es allein darum, mir das Hirn frei zu kotzen und mich nudistisch denen zur Schau zu stellen, die mich wirklich widerlich finden. Und ich mag mich, wenn ich widerlich bin. Ich mag es, wenn es die Society Spinner schüttelt vor Ekel, weil ich auf einer Party, auf die ich kam, indem ich durchs Fenster einsteige, mit meinen schwarzen Fingern in ihren Nudelsalat greife, den sie gepflegt mit einer zum Spiegel polierten Gabel Stückchen für Stückchen “genießen”.
Ich lange auf den Teller dreier gackernder Modechicksen, während ich sie mit meiner zerschunden verfaulten Fresse angriene, schmiere mir den Fraß über das ganze Gesicht und schnaufe zwischen Nudeln, einem Stück Schwein und nem halben Kilo Majonaisse: “Das ist Kunst, sehr geehrte Fräuleins!” Dabei überbetone ich meine Worte, dass die Buffen aus meinem Mund sprudeln, wie bei dem kleinen Springbrunnen vorn am Buffet das Wasser. Mich erregt das verekelte “iiiiihhhhhh” so sehr, dass ich frage: “Darf ich bitten? Oder wollen wir erst tanzen?” das setzt dem Ganzen die Krone auf und kreischend läuft das Trio auseinander. So bleiben mir drei Gläser Billigschampus, den ich allerdings nicht wirklich genießen kann, weil bereits der erste Snop kommt, und mich bittet, zu gehen. Aber das geht noch nicht. Am anderen Ende des Raumes erblicke ich ein großes hölzernes Kreuz. Wo bin ich hingeraten, frage ich mich und mache mich auf, meinen missionarischen Dienst zu tun. Ich schlucke den Sekt auf Ex, gehe zum Kruzifix und drehe es herum. Spätestens jetzt habe ich DIE Aufmerksamkeit, die ich will: Sie sollen mich hassen! Die Angepassten, die glauben, so anders zu sein. Die Revolutionäre, die sich die Kohle vorn und hinten reinschieben lassen, ohne auch nur einen Augenblick wirklich jene zu sehen, für die sie sich ach so streng einsetzen, um das Image zu wahren.
Ich setze mich an das nebenstehende Klavier und will beginnen, meine Unmusikalität unter Beweis zu stellen, als ein Habwüchsiger kommt und das Kruzifix wieder umdrehen will. Schnell springe ich auf, greife sein Handgelenk und verdrehe ihm den Arm, dass er in die Knie geht. “Du lässt das, wie es ist, sonst brech ich dir den Arm!” drohe ich ihm und eingeschüchtert tippelt er von Dannen.
Ich setzte mich wieder ans Klavier und beginne, schrecklich loszuklimpern. Nun kommen zwei groß gewachsene Herren und fordern mich in freundlichem Ton auf, zu gehen.
“Security ist das nicht!” denke ich mir “außerdem sind die noch nicht mal zwanzig!” also frage ich, was die von mir wollen. Und grinsend, in einem überheblichen Ton, wie er eben nur in genau diesen Kreisen vorkommt, sagt der eine: “Ge, du geht’s jetzt” packt mich am Kragen und will mich von meinem Hocker zerren. “Pass mal auf du Kinderschänder” entgegne ich ihm “du bringst mich hier nicht weg und wenn du deinen Vati holst, deine Brüder und Freunde! Nimm deine Scheiß Finger weg, bevor ich sie dir breche, du Vogel!”
Und tatsächlich, er lässt los, während sein Freund stiften geht. Ich fühle mich noch immer überlegen und beginne einen Vortrag über die gehobene Klasse, die Tatsache, dass die “wahre Kunst” nur aus dem Sud kommen kann und dass man zwar den einen Penner aus dem EINEN Raum entfernen, sich doch aber nicht vor dem Eigentlichen verschließen kann. Es wird still. Das große Gebrabbel verstummt abrupt und entgeistert blicken mich offen stehende Mäuler an. “Rausch und Exzess sind die wahren Inspiranten und nichts, dass sich daran ändert. “Was haben sie alle gemacht, der Goethe, der Schiller, der Benn, Brecht, Morrison, Immhoff und wie sie alle heißen? Alkohol, Kokain, Laudanum…! Und ihr feiert eine verheuchelte ScheißKultur, die keine ist” Ich rede mich warm, beginne zu schreien und plötzlich sehe ich die beiden Cops, die mich packen, und aus dem Raum zerren.
Und während man mich nach draußen schleift, schreie ich: “Das ist die Gerechtigkeit und die Solidarität eines Adorno, der sein Seminar durch Bullen räumen lässt!” Da schreien sie nach Revolution, nach Verbesserung der Verhältnisse, Malen, Fotografieren, Schreiben von Opfern der Kriege, von der Scheinheiligkeit des Kapitalismus und bedienen sich derer, die all das vertreten.” Das sind die, die die Stimmen haben und sie nicht nutzen.
Und ich frage mich… ist das der Sinn der Kunst? Kohle, Ruf und Anerkennung?
Ich bekomme einen Platzverweis, darf mich innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden nicht an diesem Ort aufhalten und verzweifle.
Ich mag Leipzig. Ich mag es, weil sich hier eine Szene, eine Kultur verwirklicht, die ebenso auf das scheißt, was Kunst und Kultur heißt, und trotzdem Kunst und Kultur schafft, aber eben keine Stimme hat. Und wenn sie eine Stimme bekäme? Ob dann alles auch so wird?
14.12.2008 Die Dummheit auf Reisen
Sieben Uhr vierzig sollte mein Zug gen Leipzig fahren. In aller Herrgottsfrühe schälte ich mich, noch benommen vom Suff der letzten Nacht, aus dem Bett. Und es viel schwer, denn diese letzte Nacht endete erst drei Stunden bevor der Wecker seine hässlichen Töne in mein Ohr spuckte, mich aus dem wohligen Schlaf zu reißen. Eben war ich noch baden in der warmen Südsee, und nun stehe ich schon in einem kalten Bad, mitten in der heiß geliebten Kleinstadt. Träumen kann so schön sein! Wenn man nicht früh raus muss!
Schlimm genug, dass der Katzenschiss in meinem Mund auch nach zehn Minuten Zähne putzen hartnäckig seine Schlupfwinkel verteidigt, nun erklärt mir auch noch die Uhr, dass es bereits sieben Uhr sechzehn ist. Ich sollte schon lange die Schuhe an meinen Füßen haben und fertig sein, zum Aufbruch. Nun aber schnell! Im Eiltempo verfrachtete ich die Waschtasche in den Rucksack, schwang mir die Jacke über, drehte mir eine Zigarette und machte mich auf den Weg zum Bahnhof. Auf halber Strecke ein kurzer Blick auf die Kirchturmuhr zu Linken. „Das schaff ich locker!“ hörte ich mich sagen, behielt aber den Stechschritt bei. Schließlich muss ich mir noch ein Ticket holen.
Sieben Uhr vierzig, pünktlich auf die Minute fuhr der Zug. Allerdings ohne mich. Ich hörte noch das schwere Schnaufen der Maschine, die sich gerade über die Brücke zog, unter der ich eben durchlief, keine fünfzig Meter entfernt vom Bahnhof. „Nein!“ dachte ich und gab nicht auf. Doch es war tatsächlich eben der Zug, den ich hätte nehmen müssen.
Ein Blick auf die Fahrplanauskunft und ich wusste, dass ich nun zwei Stunden warten müsste. Durchgeschwitzt stand ich im Kalten und überlegte, ob sich der Weg nach Hause lohnt, rechnete kurz und entschied mich, zu gehen.
T-Shirt wechseln, doch noch ne Scheibe Toast in den Hals und den Termin für die Wohungsbesichtigung in Leipzig absagen, den ich um elf gehabt hätte.
Diesmal lief ich rechtzeitig los. So rechtzeitig, dass ich trotz gemütlichen Bummelschritts auch ohne Kenntnis der Bedienung des Fahrkartenautomaten mir hätte zwanzig Tickets holen und obendrein noch acht Zigaretten rauchen können.
Das Telefon klingelte und mir wurde gesagt, dass die Wohnung, die ich mir hätte ansehen wollen, nun weg ist. Scheiß Tag, dachte ich.
Endlich fuhr der Zug ein. Ich betrat ihn in der Mitte und stellte fest, dass es beinahe egal ist, in welche Richtung ich gehe. Einen Sitzplatz würde ich wohl nicht finden. Selten hab ich um diese Zeit, in dieser Region so überfüllte Waggons gesehen. Also links entlang, nach oben und siehe da, sogar ein Zweisitzer bot sich mir an. Ich hatte nicht vor, diesen mit irgendwem zu teilen, also stellte ich meinen Rucksack samt Jacke neben mich und erst jetzt stellte ich fest, wohin ich geraten war. Ich saß inmitten einer zehnten, elften Klasse auf Herbergsfahrt ins Erzgebirge. „Ach du scheiße!“ dachte ich. Was kann es Schlimmeres geben, als am frühsten Morgen, völlig verkatert und ohnehin schon schlecht gelaunt zwischen postpupertierenden, aufgekratzten Jugendlichen zu sitzen, die ihre ersten Erfahrungen mit Alkohol machen, dies aber schon so professionell tun, dass um kurz vor zehn die Flaschen zum „vierten Prost“ erhoben werden?! Und ich wurde nicht enttäuscht.
Schräg gegenüber saßen vier gackernde Hühner, die sich erst darüber unterhielten, was Mutti alles in die Tasche gepackt hat und dann allerhand Süßkram verteilten.
Dahinter fand der „männliche“ Teil Platz. Solche schleimigen Typen mit Mode-Iro, Tunnelimitaten im Ohr, und so rotzcool, dass der Schnee draußen vor Neid erblich.
Man sprach in einer Lautstärke, dass selbst der Lockführer am anderen Ende des Zuges einen Gehörsturz kriegen musste und der ganze Zug nun weiß, dass sich der Sportsfreund Blondgefärbt am „ganzen Körper eincremt, jeden Tag“, Sportsfreund Schwarzgefärbt Creme nur ins Gesicht schmiert und Sportsfreud Dick, der alles andere als SPORTsfreund ist, gar nicht eincremt, weil er das eklig findet.
Eine viertel Stunde später kannte ich die letzte Folge von Switch in vierfacher Version und Ausführung. Schlimm, wenn Laien versuchen, Laien zu imitieren, die einen Star imitieren. „Aber den Stefan Raab, den macht der eins zu eins nach… einfach geil!“
Ich versuchte wegzuhören, doch drängten sich die schrillen Stimmen der noch immer mit Süßigkeitenvergleich beschäftigten Hühner in meine Windungen. Vier mal Britney Spears, mit dem Hirn von Paris Hilton, der Stimme von Veronika Feldbusch (oder wie auch immer die Frau des derzeit bekanntesten Pleitegeiers jetzt heißt) und dem Temperament eines Daniel Kübel(böck) (wars nicht der Jakob Apfelböck, der bei Brecht die Eltern ermordete? Da geht doch was nicht mit rechten Böcken äh… Dingen zu).
Mamba grün, so weiß ich jetzt, schmeckt wie Huba Buba, und wenn man von letztrem drei Stück kaut, kann man zwar „Hammer große Blasen machen, sich aber auch anschließend die Haare abschneiden“. Das hat sie nämlich mal ausprobiert, die eine Britney Paris Feldböck und ihre Mutti ist ausgerastet, wegen der schönen Haare, so sehr, dass unsn Feldböckchen eine Woche Chatverbot hatte. Schlimme Zeiten sind das, wo Rabeneltern ihren Kindern wegen der versauten Frisur die Kommunikation verbieten.
Naja, da hilft ja noch lesen. Die Bravo haben alle vier abonniert, die Girl kauft man sich so und Wendy… naja Wendy, aus dem Alter ist man doch nun raus. Das letzte Buch, das man in der Hand hatte, war das Tagebuch der stinkenden Nachbarstochter von den Hartz Vierern, weil sie es aus dem Ranzen der Viertklässlerin geklaut haben, um etwas zu haben, sich lustig zu machen. „Und die hat geheult wie ein Schlosshund. Selber schuld, mit solchen Eltern!“
Heino hat drei Mal die Woche Sex, die nächsten drei Folgen von „GZSZ“ werden verdammt spannend und die blöde Sandy is selber schuld, wenn Boris das so auffasst, was sie schreibt und dann Schluss ist. Leider hab ich nie erfahren, was denn die blöde Sandy geschrieben hat, aber es wird schon alles so stimmen.
Ein Glück, dass ich irgendwann einschlief und erst kurz vor Plagwitz wieder aufwachte. Leider keine Südsee, nicht einmal ein kleiner Lottogewinn, sondern nur Bilder von der „Kleenen von den Hartz Vierern“, wie sie weinend auf der Treppe vorm Neubaublock sitzt und sich schämt, weil ihre Gedanken durch die Siedlung posaunt werden. Träumen kann so hart sein.
05.12.200
Der Fall Untermieter
Manchmal enden Tage gerade so, wie sie beginnen. Ich hatte einen Termin auf dem Amt, gestern morgen, um abzuklären, ob mein Antrag auf die Genehmigung eines Umzuges in ein anderes Bundesland nun abgegeben ist, oder nicht.
Vor einigen Wochen, mein ehemaliger Mitbewohner, ein König des Genusses, der Vielweiberei und des exzessiven Lebens, war gerade da, recht frisch wirkte er, was selten ist in den Morgenstunden und ich fragte, ob er jetzt nach Hause ginge, als wir das Haus verließen. “Ja” meinte er und ich war froh, mir den Weg aufs Amt sparen zu können, denn auf dem Weg in seine neue Hütte lief er beinahe ohne Umweg dran vorbei. Ich bat ihn, diesen Antrag dort abzugeben, mit dem Verweis, dass das sehr wichtig sei und er sagen soll, wenn er keinen Bock drauf hat. “Passt schon” meinte er, und nahm den Umschlag an sich.
Letzte Woche, inzwischen war fast ein Monat vergangen seitdem, vergewisserte ich mich, ob er wirklich dort war und er bejahte das.
Nun musste ich gestern Morgen aber erfahren, dass da nichts dergleichen angekommen ist. Der Dezember hat begonnen. Die Wohnung ist gekündigt, zum Monatsende muss ich hier raus sein und nichts hat sich bewegt, weil der Depp sich mit dem Antrag den Arsch abgewischt hat, oder was auch immer. Zu allem Überfluss wurde mir gesagt, dass ein Umzug auch nur dann genehmigt wird, wenn es sich um eine nachweisliche Familienzusammführung handelt, oder ich in ein festes Arbeitsverhältnis trete. Zum Kotzen dachte ich und war soweit, alles hinzuschmeißen. Scheiß auf den Umzug, scheiß auf Leipzig, scheiß auf Perspektive. Auf Pößneck ist ohnehin geschissen, wie auf mich, also kann ich auch bleiben und hier eingehen.
Ich lief nach Hause, wütend, frustriert, beleidigt. In dieser scheiß Bude fällt mir die Decke auf den Kopf, doch war ich froh, müde zu sein. Für das erste Bier und einen ordentlichen Abschuss war es zu früh, nüchtern ertrag ich die Scheiße hier nicht, also legte ich mich wieder hin, und verschlief den Rest des Tages bis zum Abend.
Ich wachte auf, zog mich an und machte mich auf den Weg, mir ein paar Bier zu holen. Wieder zurück öffnete ich mir eins und wollte gerade die Tastatur anstrengen, mir vielleicht was Produktives aus den Fingern zu locken, da flogen salvenartig Kiesel an Fenster. Die Klingel ist seit dem ich hier wohne kaputt und nie hatte ich den Nerv, sie mal zu reparieren. Und so lange unten noch genug Steine liegen, brauch ich das auch nicht.
Ich ging zum Fenster und warf den Schlüssel hinunter. Peter, einer der jungen Punks suchte Obdach und weil ich weiß, wie scheiße es ist, im Winter draußen zu pennen, oder in irgendeinem abgeranzten Keller, ließ ich ihn hin und wieder hier schlafen. Das wars dann natürlich mit der Schreiberei, dachte ich und schon wieder schaukelte sich diese Wut in mir auf. Aber ich konzentrierte mich auf die Musik und meinen Untermieter, der nun auch im Zimmer stand.
Ich hätte wissen müssen, dass es wieder einmal eskaliert und ihn nach unten in seine Wohnung schicken sollen, bevor es zu spät ist. Doch dann kam schon der Punkt, an dem es zu spät war. Der Untermieter reizte mit sinnlos hohlen Nazistammtischparolen, die er nicht begründen noch unterlegen konnte, sondern brabbelte einfach nur den Stumpfsinn nach, den er bei seinen Bahnhofskiosk Kameraden aufsammelte, die “früher, bein Adolf…” nicht mal als Kanonenfutter hätten herhalten können, einfach, weil die früh ausm Bett fallen, mit vier komma sechs Promille “Restalkohol”, neben sich zur Schnapsflasche greifen, ohne die Augen überhaupt richtig geöffnet zu haben (sozusagen im Fall nach der Flasche gegriffen) und sich erstmal Normalpegel ansaufen. Diesen halten sie dann bis kurz vor “Laden”Schluss, um sich letztendlich völlig Jacke zu geben, schließlich will man vernünftig schlafen können.
Nach einer Weile sinnlosem Geschwafel von den Faulen Habacks, die nichts machen und uns die Arbeitsplätze weg nehmen ( wie sie das nur schaffen, ohne etwas zu tun???), stand mir der Mageninhalt bereits am Zäpfchen und ich forderte den Untermieter erst höflich, dann etwas lauter auf, zu gehen. Erst mit einem Schlag in die Magengegend ließ er sich dazu überreden.
Doch anstatt runter zu gehen und dort, wie so oft, seine Einrichtung zu demolieren, begann er, dieses Tatwerk vor meiner Wohnungstür. Ich griff zur Weinflasche vor mir, trank den letzten Schluck aus und lief ins Treppenhaus. Er war gerade unten und versuchte, seine Tür aufzuschließen, schrie irgendetwas, was mich zum Ausbruch brachte. Ich warf die Flasche über das Geländer in seiner Richtung, verfehlte ihn aber. Nun kam er wutschnaubend zurück. Ich griff eine der vielen Flaschen (die nie jemand wegschafft, weswegen sie sich vor meiner Tür stapeln) und warnte ihn, ihm das Ding über den Schädel zu ziehen. Er packte mich, ich ihn und ehe ichs mich versah, kamen wir ins Taumeln. Ich zog ihn also an mich heran, drehte mich, ließ mich rückwärts fallen und stieß ihn mit dem Fuß über mich. So maß er den gesamten Treppenabsatz aus.
Da saß er nun, mein Untermieter, suppte wie eine geschlachtete Sau und hielt sich den Rücken. Unverletzt und unberührt ging ich zurück in meine Wohnung, zündete mir eine Zigarette an und machte mir ein Bier auf. Ich hörte sein Wimmern aber kümmern wollte ich mich nicht um ihn. Also rief ich eine gute Freundin an, sie solle einen Notarzt rufen, bevor der da unten verblutet. Beide, Freundin und Notarzt trafen auch recht schnell hier ein.
Was genau da unten geschah, weiß ich nicht. Er muss aber doch recht viel Blut verloren haben, denn die unteren Treppenstufen badeten in einer einzigen Lache.
Eben komme ich aus dem Krankenhaus. Dass es ihn so böse erwischt hat, dachte ich weder gestern, noch heute morgen, als ich, geplagt vom schlechten Gewissen, aufwachte. Unten brannte das Flurlicht, sein Schlüssel steckte an der Tür. “Scheiße, dachte ich, da haben die ihn tatsächlich oben (im Krankenhaus) gelassen. Also machte ich mich auf, mir das Ergebnis meiner Missetat zu betrachten. Und da lag er. Einen mit sieben Stichen genähten Cut über der Augenbraue, das Auge zugeschwollen, mehrere Platzwunden am Kopf und der Rücken so bösartig geprellt, dass er sich nicht bewegen kann. “Dumm gelaufen, was?” sagte ich verlegen, doch er machte keinen Anstalten, mir irgendwie sauer zu sein. “Selber schuld!” sagte er, versuchte, ein Lächeln durch sein geschwollenes Gesicht zu pressen und meinte, er sei nicht böse müsse selber erstmal darüber nachdenken, wie und was passiert ist.
Ja, so schnell kanns gehen und ein Tag ist versaut. Gut, was meinen Untermieter angeht, da werden es wohl noch einige Tage mehr sein, aber: er kriegt jetzt wenigstens mal regelmäßig zu essen, wird von Mädels umsorgt und kann sich mal richtig auspennen…
0712. 2008 Kleinstadtsamstagabende
Kennt ihr diese Samstag Abende, an denen die Welt zu sterben scheint? Man sitzt zu Hause, stiert auf den Monitor, in die Glotze, ins Buch, oder einfach auf einen schon tot gestierten Punkt, trinkt eins nach dem Anderen, zwischendurch noch n Schluck Wein und langweilt sich zu Tode. Nebenher brennen die Hirnwindungen weil man in Gedanken immer und immer wieder die Liste der Bekannten, Freunde und Scouts durchgeht, denen man irgendwann einmal im Suff begegnet ist und trotzdem auf keinen Nenner kommt?
Ok. In irgend so einer Dreckskaschemme am anderen Ende der Stadt spielen drei Möchte Gern Punkrock Bands im Vorstadtstil, treffen keinen Ton, singen scheiße, können kaum deutsch, geschweige denn englisch, aber machen einen auf dicke Hose und Big Superstar. Und alle sind dort. Ihr aber habt euch vor dem Horror bewahrt, einfach, wie ihr viel zu nüchtern ward, um mit der Meute mitzuziehen und sitzt da nun, zu Hause, fresst die achte Scheibe Käsebrot, einfach, weil es langweilig ist, habt zum dritten Mal die Hose zu und den Porno wieder ausgemacht, schmeißt die Taschentücher in den Papierkorb, zu den anderen, und fragt euch, was ihr hier macht. Aber aufraffen, um zum Ort des Geschehens zu laufen, mit nem Rucksack voll Bier, dessen einer Träger schon gerissen ist, nur, um euch n überfüllten Schuppen mit scheiß Mucke und nem Haufen schlagwütiger Halbwüchsiger reinzuziehen, kommt jetzt nicht mehr in Frage. Und ihr denkt: “scheiße, dann bleib ich lieber hier, und warte, dass sich einer meldet” und ihr wisst, es wird sich keiner melden. Ihr werdet, wenn ihr nicht irgendwann frustbesoffen einschlaft, bis zu Santnimmerleinstag warten, keiner wird anrufen, keiner schmeißt euphorisch Kiesel gegen die Scheibe, keiner wird kommen, mit noch mehr Bier und vielleicht ner Flasche Schnaps.
Aber: die Hoffnung stirbt ja immer zuletzt, und so sitzt ihr euch das Fleisch weich, und wartet. Worauf wisst ihr nach längerem Nachdenken selber nicht. Der Untermieter im Krankenhaus die Nachbarn viel zu versnobt, und der Rest dümpelt halb komatisiert vor einem Scheiß Schuppen rum… nichts, wo man hingehen könnte…
Also schnell das nächste Bier auf, noch n Schluck Wein und warten, dass der Kacktag endlich seine Morgendämmerung in den Raum wirft, dass die Berechtigung zu schlafen ein Fundament hat. Achthundertsechsundvierzig Cds im Regal, aber nichts passt zur Stimmung, also bleibt es still… Keine Lust auf Verdummung, als wird kein Blick auf den Fernseher verschwendet und am liebsten würdet ihr die Mistkiste endgültig aus dem Fenster schmeißen, aber irgendwie hat ja alles Geld gekostet, also bleibt sie wo sie steht, fängt weiter Staub, den keiner wegwischt, weil die Patte für den Putzdienst fehlt. (obwohl… richtig gerechnet müsste man nur drei Bier pro Tag weniger trinken und könnte sich eine Putze für vier Stunden die Woche leisten… werd das nächste Woche mal in Betracht ziehen)
Ach, es ist schlicht zum kotzen. Solche Abende sollten verboten werden…
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