Mord bleibt Mord Komische Zeiten sind das. Ich höre die Schlagzeile von einer Flugzeugkatastrophe, schalte den Fernseher ein und sehe da einen im Hudson River schwimmenden Airbus. Zu den Bildern erzählt mir der seriöse Nachrichtensprecher auf N24, dass kein Mensch zu schaden kam, weil der Pilot glänzend reagiert hat.
In den Tagen danach spricht die halbe Welt ihre Hochachtung vor dieser Leistung aus. Die Bildzeitung feiert Chesley Sullenberger auf ihrem Online Portal als “Helden - Pilot” und schnell spricht man vom “Held vom Hudson”.
Ich habe noch nie gehört, dass ein Klempner so gefeiert wird, weil er die leckende Gasleitung eines Hochhauses sperrt. Oder ein Statiker, der ein Gebäude räumen lässt, weil es einsturzgefährdet ist.
Aber ein Pilot, der nichts getan hat, als seinen Job, als das, was in x Tausend Schulungen und Auffrischungskursen gelehrt wird und in Mark und Bein übergegangen sein sollte, wird zum Helden gemacht.
Komisch ist auch, dass eigentlich eine ganz andere Katastrophe in Deutschland hätte geschehen können, die aber ausblieb.
Am 6. Dezember wurde Alexandros Grigoropoulos von einem Polizsiten in Griechenland erschossen. Daraufhin gab es Demonstrationen, Krawalle und Anschläge auf Polizisten in Athen die sich schnell auf das ganze Land ausweiteten und beinahe über Monate anhielten.
In der Sylvesternacht auf 2009 erschießt ein Polizist in Berlin “den Straftäter Dennis J“ (Zitat SpiegelOnline 16.01. 2009). Dennis wollte mit einem Auto flüchten um einer Verhaftung zu entkommen.
Laut Aussage des Polizisten handelte dieser aus Notwehr. Da fragt sich doch, wie weit Notwehr gelten kann, wenn man acht Schüsse auf ein Auto abfeuert, dass am Ende in entgegengesetzte Richtung fährt? Zwei davon treffen und Dennis stirbt an einer Einblutung in die Lunge.
Und während der Schütze gegen Auflagen wieder auf freien Fuß kam, wird das Opfer am 16.01.2009 beerdigt. Rund 200 Menschen demonstrieren anschließend. ZWEIHUNDERT!
Der ermittelnde Staatsanwalt fordert Täter und Zeugen auf, “wahrheítsgemäße Aussagen zu machen” (dazu muss man nämlich auffordern, weil keiner weiß, dass man das eigentlich so macht, weil ja alle lügen, bei den Cops, vor dem Staatsanwalt, Haftrichter und am Ende vor der Strafkammer), weil angeblich keiner etwas mitgekriegt hat. Klar, war ja Sylvester und das Böllern war nicht von Schüssen zu unterscheiden. Und das keiner was gesehen hat, liegt sicher daran, dass man das bunte pyrotechnische Allerlei am Himmel bewunderte.
ZWEIHUNDERT Menschen demonstrieren.
Ich frage ich einmal mehr, was denn noch passieren muss, dass man endlich einmal aufsteht. In Frankreich erschießen Beamte einen Jugendlichen. Und Griechenland erschießen Beamte einen Jugendlichen. Und in beiden Ländern wehrt man sich solidarisch und vereint. Hierzulande scheint das absolut egal zu sein.
Verharmlosung durch die Presse hat es doch in den anderen beiden Nationen auch gegeben.
So wird schnell bekannt, dass Dennis ein Straftäter war, der laut Bild online etwa 160 Straftaten auf dem Kerbholz hat und per Haftbefehl gesucht wurde. Na logisch, da ist doch der Grund. Solidarität mit einem Straftäter? In Deutschland? Ja wo kommen wir denn da hin?
Aber: liebe Freunde der öffentlichen Meinungsmache: Menschen, die mitdenken, fällt schnell auf, dass das Herunterbeten der von Dennis begangenen Delikte, und das immer und immer wieder erwähnte Wort “Straftäter”, nichts anderes als ein miserabler Versuch der Erklärung, Verharmlosung und Herabsetzung eines feigen Mordes ist…
Walnüsse sind keine Menschen
Da hat sich doch neulich einer aufgeregt, dass es in meinen Kolumnen und Gedichten nicht einmal um Afrika geht. „Die Tutsi und Hutu schlachten sich ab, aber das scheint ja keinen zu interessieren.“ Sagt er und wurde von einem anderen darauf hingewiesen:
„also besser über gar nichts mehr schreiben, oder wenn dann, über alles?“
Ja, dachte ich mir, ich kann auch zukünftig über totgetrampelte Ameisen, vergiftete Schnecken und vertrocknete Regenwürmer schreiben, doch fehlt mir hier irgendwie etwas Wesentliches. Die Mitgliedschaft bei Greenpeace zum Beispiel und der zugehörige Job in einer Pressestelle des Vereins.
Auch ist es möglich, darüber zu berichten, wie unfair es Bananen gegenüber ist, sie so lange liegen zu lassen, bis sie braun sind, nur um dann zu sagen „Ih, die ess ich nicht mehr“ und sie wegzuwerfen. So eine Banane ist ja schließlich auch nur ein Mensch.
Neulich haben sich zwei Katzen hier vorm Haus in einer nächtlichen Balgerei den Geräuschen nach zu urteilen, halb tot gebissen, auch darüber könnte man schreiben.
Oder ich schreibe über Vergleiche, von denen ich manchmal nicht weiß, ob die auch wirklich ernst gemeint sind.
In einer Diskussion, ich weiß nicht mehr genau, worum es ging, meinte einer, dass sich die „Walnuss auch nicht still verhält, nur, um der Haselnuss, die zufällig fast an die selbe Stelle viel, Platz zu machen. Beide gehorchen den Gesetzten der Natur“, sagt er, „keimen, wachsen und die, die der anderen schließlich das Licht nimmt, wird überleben, während die andere eingeht. Wenn eine nicht nach ihrer Art leben kann, stirbt sie“ und so sei das beim Menschen auch.
Ich überlege gerade, ob denn die beiden zusammen beim Kaffee saßen und sich das so ausgemacht haben, oder Fräulein Haselnuss einfach fiel und höhnisch grinsend zu ihrer Artverwandten sagte „Tja, nun bin ich hier. Ich war die erste und wenn du denkst, du kannst hier wachsen, versuchs doch! Wir werden ja sehen, wer größer wird.“
Ob die beiden im Jugendalter noch miteinander spielen, während ihre Eltern einkaufen, oder auf Arbeit sind? Machen sie gar ihre Hausaufgaben zusammen, wenn sie gefrustet von der Schule kommen? Und wie wird es wohl sein, wenn der erste nussige Mann daher kommt und sich beide in ihn verlieben? Werden sie hysterisch? Schreiben sie Tagebuch? Nehmen sie Cremes, wenn die pupertären Pickel das Gesicht entstellen?
Was schmeckt eigentlich besser, eine Nuss mit Abitur, oder eine, die mit Ach und Krach den Hauptschulabschluss geschafft hat?
Vielleicht haben Nüsse und Menschen ja doch etwas gemeinsam. Bis eben dachte ich nicht so. Welchem Kopf aber, der nicht mit einer Nuss gleichzusetzen ist, entspringt wohl solch ein Blödsinn?
Ich meine, sicherlich ist es schlimm, wenn sich Menschen abschlachten, ob das nun Tutsi und Hutu sind, oder Israelis und Palästinenser, Schiiten und Sunniten, Serben und Kroaten, Russen und Georgier und und und… aber erstens bin ich ehrlich und sage, dass mir bei all den Konflikten der Ein- und Überblick fehlt,
zweitens würde es Monate dauern, sich hinter auch nur einen dieser Kriege zu arbeiten, wenigsten ein bisschen Wissen zu besitzen, denn ohne dies wäre das Schreiben darüber eine Anmaßung.
30 Kriege und kriegsähnliche Konflikte verzeichnete das Heidelberger Institut für internationale Konfliktforschung (HIIK) in seinem jährlich erscheinenden „Konfliktbarometer“ im Jahr 2008. Und wenn dann ausführlich über das eine Thema geschrieben wird, beschwert sich der Nächste, was denn mit den 29 anderen ist.
Verständlich, aber in einem solchen Text lässt sich das nicht vereinbaren. Und wenn wir dann über Kriege schreiben, beschweren sich Tierschützer, weswegen kein Wort über Tierversuche, Quälerei, Massenhaltung und so weiter... geschrieben wird. Dann kommen Brummifahrer wegen der Spritpreise, Kleingärtner wegen des Lärms vom Nachbarn und Stadträte wegen der Punks auf "ihren" öffentlichen Plätzen.
Und drittens geht es mir in den Texten dieser Art darum, das Geschehen und die Menschen dahinter ein wenig vorzuführen, was ja bei derlei Auseinandersetzungen in keinster Weise angebracht ist, denn so etwas ins Lächerliche zu ziehen ist schlicht geschmacklos, und völlig unangebracht.
Denkt mal drüber nach, wenn ihr plötzlich darauf kommt, Walnüsse mit Menschen zu vergleichen…
(Keine) Besserung in Sicht
Wenn ich nachher ins Bett gehe, träume ich mit Sicherheit von einem Nachrichtenansager im Schneeanzug, der auf der Piste in Blut neben seiner slowakischen Kamerafrau liegt, und Barbara Schöneberger fragt mich zum Frühstück, ob ich ihr mal die Butter reichen kann.
Es ist schlimm, wenn man einen Fernseher zu Hause stehen hat. Es gibt dann Tage, an denen man sich einfach nicht dagegen wehren kann, die Kiste anzuschalten, wäre ja auch Quatsch, das Ding da zu haben, und es nicht zu nutzen (außer zum Staubwischen hätte ich fast gesagt, aber jeder der mich kennt, würde ob dieser Lüge laut losprusten).
Also, begleitet von dem berechtigten Stück schlechten Gewissens die Fernbedienung in die Hand, auf die Couch und auf geht’s zur Tour durchs Freitagabendprogramm. Dort verwandelt Harry Potthead Frösche in hässliche Entlein, da vergraben drei Cowboys ihre Beute, ein Showmaster stellt blöde Fragen und zwischendrin, immer einmal wieder, ein Nachrichtensender.
Ganz Deutschland weiß jetzt, dass der hiesige Ministerpräsident Dieter Althaus heißt, dass der gern Ski fährt und das vorzugsweise in Österreich. Man kennt beinahe die vollständige Krankenakte und ich frag mich, würde ich den Fernseher morgen früh um neun anmachen, ob ich nicht Zeuge und Zuschauer der Live-Visite werde.
Althaus hier, Althaus dort und alles nur, weil dem Herrn Ministerpräsidenten etwas zustieß, das 51 500 anderen Menschen im Jahr 2007 auch auf Österreichs Pisten passierte. Von wie vielen solchen Unfällen hört man in den Nachrichten?
Wenn die in den USA lebende, slowakische Touristin, deren Namen nicht einmal genannt wird, mit einem x beliebigen angesoffenen Dahergelaufenen kollidiert wäre, hätten wir wohl nie Wind von ihrem Tod bekommen. Und mal ganz ehrlich: wen hätte das schon interessiert? Aber jetzt, da es unseren Ministerpräsidenten erwischt hat, muss das rauf und runtergeschraubt werden. Ich kann es schon nach eine Stunde TV nicht mehr hören und frage mich, wie das die Leute machen, die den ganzen Tag vor der Kiste sitzen.
Und überhaupt, was soll eigentlich der sinnlose Kommentar zur Herkunft der tödlich verunglückten Frau? Es war eine Slowakin. Aha. Und sie lebt in den USA. Ach so. Also eigentlich unwert, aber geupdatet, oder was?
Man man man, was ist nur los in diesem Land? Demnächst erfahren wir, wenn Talkshowtante Brit der Fingernagel abgebrochen, Peter Klöppel eine Grippe und Herr Ackermann einen Furunkel am Arsch hat?! Und die Nation leidet mit. Und die Nation bangt mit. Und die Nation verdummt.
Und wenn er nicht wiederkommt, der Herr Althaus und sein Amt aufgrund der bleibenden Schäden nicht weiter ausführen kann, ja dann setzen sie eine andere Blinse auf seinen Stuhl, kalt wird der sicher nicht. Dann muss eben ein anderer den größten Deutschen unserer Zeit, den Herrn Ratzinger, in Erfurt begrüßen, wenn der in seinem Papamobil die Straßen Erfurts unsicher macht im Februar.
Papamobil, für alle die es nicht wissen, ist das Panzerglasgeschütze Vehikel, in dem sich das GOTTVERTRAUEN in Person auf öffentlichen Shows präsentiert. Denn Gottvertrauen predigt er, der Papst, doch kann ja so ein bisschen Panzerglas nicht schaden, gell. Gottvertrauen, lieber Herr Ratzinger, bedeutet, seinem Gott vertrauen! Wozu brauchts dann derlei Schutz?
Na ja, wenigstens stieß ich dann doch noch auf eine angenehme Überraschung. Barbara Schöneberger singt! Und sie singt gut! Begleitet von Big Band und Gästen der gehobenen Musikszene swingt, jazzt und chansoniert sie sich durch zwei Stunden hervorragenden Programms. Und wahrlich, ihre Ansagen, die zuweilen kleine Anekdoten sind, haben einen gewissen kabarettistischen Charakter.
Diese Person wird mir sympathisch, wer hätte das gedacht.
Nun denn, ein glückliches und gesundes neues Jahr wünsch ich euch und sage:
Kopp hoch, auch wenn der Hals dreckig ist!
Von Schuhen und Weihnachtsmännern
Eigentlich sollte hier vor Tagen schon der neue Text stehen, doch die Wunderwelt der Technik machte mir und also euch, da einen Strich durch die Rechnung. Gerade als ich fertig war, über seltsame Tage zu schreiben, darüber, dass man uns auf schwere Zeiten einschwört, während deutsche Headfonds boomen und internationale Unternehmen, die in Deutschland angesiedelt sind, seit Jahren Umsätze machen, deren Summen einen dahergelaufnen Hartz Vierer schonmal schwindelig machen können, stürzte mir die Kiste hier ab. Der schöne Text… für immer verloren. (an dieser Stelle wäre ein herzzerreißendes Ooooooooohhhhh) angebracht. Nehmt es auf und schickt es mir)
Ich schrieb über Mutasar Al Sahidi und seinen Coup mit dem Schuh, der nun bis zu fünfzehn Jahre Haft zu erwarten hat, also, der Journalist, nicht der Schuh, obschon man nicht weit fehlt, denn mit dem IQ vom Opfer der Attacke, dem Herren Bush, ist es ja nicht weit her und hätte der keine Berater, wer weiß, ob er den Schuh nicht foltern ließe, und am Ende einsperrt.
Das Modell, welches dem Chef der Weltpolizei da um die Ohren flog und nur nicht traf, weil unsn Georg scheinbar noch nichts getrunken, und daher auch noch das Fünkchen Reaktion hatte, dem Geschoss auszuweichen, hieß bis vor Kurzem noch 271. Nun aber, nach dem der Umsatz rasant in die Höhe schnellt und inzwischen
370 000 Anfragen (in Worten: dreihundertsiebzigtausend) bei dem Hersteller, der Firma Baidan eingegangen sind, musste auch das Modell umbenannt werden und trägt jetzt den stolzen Titel: „Bye Bye Bush“.
Die dreißig Gramm schwere Waffe wird also, aufgrund des Mutes eines irakischen Journalisten eine Hand voll Menschen stinkreich machen. Gut nur, dass in den Ländern, in welchen der Schuhwurf als die schlimmste aller Erniedrigungen gilt, Anteile des Umsatzes einer Person eingezogen, und den Armen abgegeben wird. So haben wenigsten alle etwas von dem Terroranschlag auf den Wanker (oder wofür steht nochmal das W bei Herrn Bush? Wars doch Whiskey? Oder Warmduscher? Wackelhirn? Wichtel???) Und während der schon wieder auf seiner Ranch sitzt und vom Verbot von Schuhen auf Pressekonferenzen träumt, kriegt Mutasar Al Sahidi von einem notgeilen, sabbernden GI in Bagdads Zellen ordentlich katholisch einen verbrummt oder muss nackt vor der Miss in Uniform „alle meine Entchen“ auf Oxford- Englisch trällern, während sie sichs mit dem Kolben ihres Gewehrs selber macht.
Aber all das kann nun leider nicht in seiner Ausführlichkeit hier stehen, weil ich einen Text, wenn er einmal verfasst ist, nie wieder so zusammen kriege, wie er war.
Und leider ist mir die Kiste hier abgestürzt, noch bevor ich diesen speichern konnte.
Nun ja, war ja Weihnachten und ich habe ein letztes Wort darüber zu verlieren:
Ich habe ja fest damit gerechnet, dass die fette, rote Sau mir zwei Hörbücher bringt, die zu bestellen ich meiner Mutter in Auftrag gab. Schließlich fehlt mir selbsthin der Kontakt zu dem Freund aller braven Kinder.
So also machte ich mich auf, am 24sten, in voller Vorfreude, und mit dem Plan eines Abends im Kopf. Nämlich Pflichtprogramm in Sachen familiäres Abendbrot, zwischen rein das ein oder andere alkoholische Getränk und dann flugs und flinken Fußes gen Heimat, um mich dem Hörvergnügen anheim zu geben. Doch außer einem häßlichen Schlips und einem weißen Hemd erwartete mich nichts. Ich dachte an einen Jux, übte mich in Geduld und hoffte, dass der Scherz kurz vor meinem Gehen aufgelöst und ich erlöst werde, doch schade, denn das geschah nicht.
Der Weihnachtsmann hat mich tatsächlich im Stich gelassen und, ob ich ihm das übel nehme oder nicht, ich muss wohl damit leben.
Aber eines Tages, wenn ich den in die Finger kriege, dann werden sich die Kinder aller nachkommenden Generationen zu Drecke ärgern, denn dann gibt es keinen Weihnachtsmann mehr. Man sagt dann:
"Es war einmal ein armer Schreiber. Der hatte einen sehnlichen Wunsch. Und es gab nichts, dass er sich mehr wünschte, außer vielleicht, dass die lästige alte Nachbarin, dieimmer gleich die Bullen ruft, wenn es zu laut wird, endlich an einem Brotkrumen erstickt.
Dieser arme Schreiber also, wünschte sich zwei Hörbücher von zwei Autoren, die er beide sehr schätzt. Doch der Weihnachtsmann war noch beleidigt, von den Kolumnen, die der Schreiber in vorweihnachtlicher (Miss)Stimmung verfasste und brachte ihm nur ein Hemd, und einen Schlips. Das machte den Schreiber so wütend, dass er sich von nun an zum Ziel setzte, unseren freundlichen alten Herren aus dem Norden zu suchen, ihm die Schmach heimzuzahlen.
Jahr und Tag der Recherche, des Suchens und detektivischer Meisterleistung vergingen.
Und eines Tages fand der Schreiber den schlummernden roten Onkel. Der lag, inmitten tausender Kissen und Decken, die Montur noch an, als hätte sich das Pausbäckchen völlig betrunken ins Bettchen fallen lassen und schnarchte, dass man es mit der Angst zu tun bekam.
Doch die Wut war ungeschmälert. Außerdem hätte sich die ganze Scheiß Arbeit ja nicht gelohnt, wenn der Schreiber jetzt unverrichteter Dinge wieder nach Hause gegangen wäre. Er ging ihm also an die Kehle und drückte ganz fest zu, bis nichts mehr zippelte und zappelte. Da lag er nun, der Weihnachtsmann, ganz blau im Gesicht und gab keinen Mucks mehr von sich. Ging ja auch nicht, denn er war ja tot.
Tsja,lieber Kinder, und das alles nur, wegen zwei Hörbüchern,
verdammt nochmal. Da sieht man, was passieren kann, wenn man sich zu viel wünscht und fest davon ausgeht, dass alles Wünschen wahr werden wird. Also hört auf den „Denk positiv Scheiß“ zu glauben, verbrennt die Bücher und lest anständige Sachen!“
Vorweihnachtszeit
Man sagt ja, diese Zeit sei die Besinnliche und das “Fest der Liebe” halte einen jeden Menschen dazu an, einmal nachzudenken.
Ach, wie wäre die Welt eine so viel Bessere, wenn dem wirklich so wäre, der Mob der personifizierten Blödheit wenigstens in diesen Tagen einmal nur, nur ein einziges Mal zur Besinnung käme, um zu sehen, wo er sich eigentlich befindet.
Aber er tut es nicht, der Mob. Selbst die, die es wenigstens versuchen, bleiben dann doch am Gedanken kleben, was zu kaufen sei, für die ganze Bagage die den Titel Familie trägt.
Geschenke müssen ran, irgendwie und völlig egal was, Hauptsache ist, es sieht teuer aus und ist im schäbigsten Second Hand Shop des Kreises erhältlich, für die letzten paar Groschen, die man gerade so opfern kann, für das nervende Gesindel von Onkels, Tanten, Cousinen und Cousins, Neffen, Nichten, Großneffen und und und…
Mutti und Vati natürlich kriegen etwas selbst Gebasteltes ausm Antikshop umme Ecke, die Geschwister werden mit einer CD der eigenen Lieblingsmusik abgespeist und für die Kinder gibt’s Süßigkeiten und Püppchen, respektive Autos.
Omma Berta, die keiner leiden kann, weil sie sich so gehen lässt, nie ihre Wohnung aufräumt, nie auf die Strasse geht und sich bei keinem meldet, es sei denn, sie braucht mal wieder etwas Geld, weil der scheiß Zivi mal wieder die falsche Portion zum Mittag brachte (Omma Berta isst doch keinen Fisch), die kriegt n Stück schlecht riechende Seife und Weichspüler, sozusagen als Wink mit dem Zaunsfeld!
Früher war das anders. Da gabs diesen Konsumhype noch nicht in dem Maß. Da hat man einfach Socken geschenkt, und nen dicken Pulli und wenn man Glück hatte, war beides sogar selber gestrickt, denn früher, da hatten die Leute noch Zeit. Das sagen zumindest die, die das “Früher” ihre Blütezeit nennen.
Heute rennt man in der Mittagspause, zwischen Imbe und Pornokino fix mal in den Supermarkt des Vertrauens (oder den, der am nächsten zwischen den Stationen menschlich- schnelllebiger Vergnügung liegt) sackt die SuperBilligWeihnachtsSpecials ein, geht dann nach Feierabend zur “Ledigen aus'm dritten Stock”, weil die nicht nur gut Geschenke einpacken kann (aber das Geschenkeeinpacken ist ein prima Vorwand) und freut sich, seine Schuldigkeit in Sachen “ich schenke dir Schwachsinn, damit ich Schwachsinn bekomme, den ich dann auf die Geburtstage zum Weiterverschenken verteilen kann” getan zu haben. Schnell noch einen weck stecken (Kuli, in die Innentasche,... was sonst) und ab nach oben in die warme Hütte, schließlich sucht Heidi Klumb (oder Numb… oder Tumb???) wieder The next super Uri Geller Talent Model Star, zusammen mit Dieda und Di (Soost) und wie sie alle heißen. Eine Nation macht sich zum Vollhorst und ich will dabei sein.
Ja, Weihnachten eben, wie jedes Jahr, und ich mache mir Gedanken über das Gehende… aber dazu später mehr.
Das Jahr geht…
…das Neue steht schon in den Startlöchern und ich hoffe, dass mich die Pechsträne aus 2008 endlich verlässt.
Die von den Telefongesellschaften “Telefonierbloßnicht” wollen Geld, die vom Inkassobüro “Schlagmichtot“, wollen Geld, die von der Fernsehanstalt für digitalen TV Genuss, wollen Geld, und das nur, weil ich vielleicht zwei, drei Mal den Theaterkanal des öffentlich Rechtlichen gesehen, oder die hundertste Wiederholung von Hitlers Helfer angeschaut habe.
Hin und wieder eine Doku über Krieg, Strassenkids, Alkoholismus oder südamerikanische Nasentapire. Und dafür wollen die vierhundert Euro von mir.
Es gibt Menschen, die haben gar keinen Fernseher. Ganz freiwillig haben sie sich von der Verdummungsmaschine getrennt, bevor sie vom Leben getrennt werden und ich bewundere sie.
Ich wünschte, ich könnte diese Scheiß Kiste auch einfach aus dem Fenster schmeißen, dem Arsch von Nachbarn drüben, der stets stolzgeschwollen seinen fünfer BMW besteigt, während er verächtlich auf meinen abgefuckt vermüllten Jetta schaut, die Kiste in die Windschutzscheibe krachen. Dann hat sichs erstmal mit fünfer BWM und Stolz und dem Versuch, mich neidisch zu machen, denn neidisch bin ich nicht.
Eher habe ich Mitleid. Aber auch das macht mich wütend. Wütend auf mich selbst, denn mit so einem Mitleid zu haben ist, wie einem General, der gerade ein komplettes Dorf im mittleren Osten oder sonst wo hat auslöschen lassen, die Taschentücher zu reichen, weil seine Mutti wieder einmal die Einladung zum Essen ausgeschlagen hat.
Irgendwie lief in diesem Jahr nichts richtig gerade und wenn ich an den Schuldenberg denke, der sich anfgehäuft hat, kommt mir der Eiersalat von letzter Woche noch hoch.
Nicht, weil ich an allem unschuldig bin, doch aber zumindest, weil ein verpeilter Oberfranke, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, bei der Servicehotline eines großen deutschen Telefonanbieters Deb..el auf Dummenfang zu gehen und Tarife zu versprechen, die es in der gewünschten Form gar nicht gibt.
Und plötzlich bekommt Otto N. eine Rechnung über knapp fünfhundert Euro. Natürlich weigert Otto sich, diese Summe zu bezahlen, setzt Hebel in Bewegung, die scheinbar nur Attrappe sind und soll am Ende trotzdem zahlen.
“Nö“, denkt sich Otto und schreibt einen Brief an die Geschäftsleitung, nachdem nun etliche Telefonate und E Mails im Sande der “der wehrt sich schon nicht weiter” Mentalität verlaufen sind.
Vertragsbruch wird eingestanden, als nach vier Wochen endlich einmal Post zurück kommt, man schreibt die Schuldsumme gut und glaubt, den doofen Kunden nun aber weiter an der Nase herumführen zu können, denn angeblich ist der Vertrag nur fristgemäß kündbar. Einen Dienst aber gibt es nicht. Otto kann weder anrufen, noch angerufen werden und lässt nun den Steuerzahler seinen Anwalt bezahlen, weil Otto N. nämlich außerdem Hartz IV Opfer ist.
Was dabei nun herauskommt? Ich werde euch auf dem Laufenden halten!
Fasching
Elfter elfter, es ist wieder soweit. Die Zeit beginnt, zu der selbst die “normalen” Fernsehsender nicht mehr benutzbar sind, denn was sich hier in den nächsten Tagen, ja, Monaten darbietet, ist mehr als nur mit dem Wort gruselig zu bezeichnen.
Der MDR sendet, es ist noch nicht einmal nach neunzehn Uhr, das heißt, selbst die Jüngsten sind noch wach und laufen Gefahr, sich hier den Stoff für Alpträume und Depressionen pressen zu lassen, Faschingsgalen aus Thüringen, Sachsen und Sachsen Anhalt. Dem Dialekt, der einem Menschen schon die Gänsehaut über den Buckel treibt, nicht genug, stellen die Narren ihre Blödheit zur Schau, weswegen sie auch als solche geadelt werden.
Sechs bekloppte Tupperware- Rentnerinnen, die frustriert irgendeinmal im Stüblein saßen und überlegten, wie dem Leben etwas Würze zu verlein sei, kamen dann auf die Menschen folternde Idee, bescheuerte Kittelschürzen anzuziehen und sich recht komisch zur Musik von Udo Jürgens zu verbiegen und tanzähnliche Bewegungen zu machen und sich einem Karnevalsverein anzuschließen. Die Hintegrundstory, das also, was hinter der so ausgefeilten Choreografie steht, ist nur zu ahnen, lässt aber, das muss man den hysterisch anmutenden Hühnern lassen, viel Platz für Interpretation. Das Hüftewackeln scheint ein Symbol für die Bitte zu sein: Nimm mich ich kann’s noch immer.
Schlafzimmerblickversuche und eindeutig zweideutige Gesten verraten, dass jede einzelne wohl auch, so sie noch nicht geschieden, oder gar Witwe ist, den Alten zu Hause zu betrügen imstande ist, obschon von Betrug ja eigentlich keine Rede sein kann, denn was geschieht schon noch, nach hundertvierzig Jahren Ehe?
Behaarte Gurkenbeine steppen nun über die Bühne, zu denen lächerlich geschminkte, zum Teil bärtige Gesichter gehören. Das Männerballett, das zu keiner Karnevalsveranstaltung fehlen darf. Es ist ein Graus, zuzusehen, wie der Klempner aus der Firma des Vertrauens, der Automonteur aus der Stammwerkstatt, der immer besoffene Maurer, ja selbst er Stadtrat, sich freiwillig dem Gelächter aussetzen, indem sie graziös wie ein Elefant das weibliche Geschlecht mit dem Mittel des Tanzes zu imitieren versuchen, ohne wirklich annähernd an eine reale Imitation zu reichen. Soll ja auch nicht, ist ja Karneval und keine Transenparty, obschon mir in diesem Anblick unweigerlich der Gedanke an eine solche kommt. Problematisch ist nur, dass die, die sich nur zu oft über Transen aufregen, nicht im Geringsten an das heranreichen, was ich von jenem, darf ich Fetisch sagen (?) gewohnt bin, denn hier tatsächlich Grazie und ofthin mehr Spaß, weil mit Sinn, und Schlagkraft, als im Sumpf des Mutwilligen “Zum- Lachen- Bringen- wo- sich Männer- zum Obst - machen” Versuches, der mir eher das Kotzen in den Hals, als auch nur ein kleines Lächeln auf das Gesicht zaubert.
Die Büttenrede. Der intellektuelle Teil einer solchen Gala, treibt jedem, der sich mit dem geschriebenen und dem gesprochenen Wort über die tägliche (non) Kommunikation hinaus, beschäftigt, die Tränen in die Augen. “Gesellschaftskritik” in Reime gepackt, die keine Takt und Versmaß haben, in einem Ausdruck der gen Himmel schreit. Hobbydichter, die das ganze Jahr an einer traurigen Ballade sitzen, pünktlich zur fünften Jahreszeit mit blödem Stumpfsinn um sich zu werfen. Ob und was zusammenpasst, egal, Hauptsache es klingt dilettantisch genug, zum Rest der verrückt gewordenen Horde bunter und bescheuert beschmierter Trunkenbolde zu passen.
Alles in allem kann ich nur sagen, dass in Zeiten des “abgehängten Präkereats”, in Zeiten immer mehr aufkommender Armut, in Zeiten von stetig wachsender Verblödung der Humor nicht fehlen darf, doch sollte er als Mittel genutzt werden und nicht dazu beitragen, den Menschen noch blöder darzustellen, als er ohnehin schon ist.
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